Das ist eine „Fortsetzung“ meines Kurztests vom „Chinaböller“, wie ich das 7artisans 35mm f/0.95 leicht spöttisch, aber sehr liebevoll nenne. Zur Erinnerung: Das Objektiv ist eigentlich für APS-C gerechnet, soll aber auch an Vollformat mit einigen Abstrichen gut funktionieren. Inzwischen verstehe ich die Grenzen des Objektivs besser als nach den ersten Bildern von neulich Abend und kann genauer einschätzen, was, wann und wie gut funktionieren wird.
Generell entstehen gute Bilder, wenn man ein zentrales Objekt, das sich relativ nah an der Kamera befindet, mit offener Blende ablichtet. Die große Blende verwischt die starke Vignettierung am Bildrand sehr effektiv. Liegen dort ohnehin dunklere Bildpartien, fällt das kaum auf. Ein leichter Crop und etwas Aufhellen der Vignette in Lightroom helfen zusätzlich. Wenn zudem fast alles im Bild (außer dem Motiv) unscharf ist, stört auch der Schärfefalloff am Bildrand nicht weiter.
Das genaue Gegenteil dieses Bildaufbaus ist eine weite Landschaft bei Sonnenschein. Solche Motive möchte man mit halbwegs geschlossener Blende aufnehmen, damit möglichst viel Schärfe entsteht. „Scharf“ heißt hier: Scharf von vorne bis hinten und auch an den Bildrändern. Leider verstärkt das Abblenden den Übergang vom belichteten zum quasi unbelichteten Sensorbereich. Bei f/8 oder noch kleineren Blendenwerten ist das keine Vignette mehr, sondern eher eine Tag-und-Nacht-Grenze. Das lässt sich nur durch starken Crop beheben.
Also sollte man das Objektiv eher mit offener Blende nutzen. Abgesehen von der geringen Schärfentiefe stößt der Verschluss im hellen Sonnenschein allerdings irgendwann an seine Grenzen und das Bild wird zu hell. Abhilfe schafft hier, sofern vorhanden, ein ND-Filter.
Bei einigen Aufnahmen im Bereich f/2 bis f/4 habe ich außerdem einen sehr interessanten Effekt beobachtet: Vor und hinter der eingestellten Fokusebene wirkt das Bild erwartungsgemäß weich. Man würde annehmen, dass diese Weichheit gleichmäßig bis zu den Bildrändern anhält. Tut sie aber nicht. Meine Theorie ist, dass das Objektiv eine starke Feldwölbung aufweist – es projiziert das Bild also nicht auf eine Ebene (den Sensor), sondern, überspitzt gesagt, auf eine konkave oder konvexe Fläche. Dadurch können Objekte vor oder hinter der eigentlichen Motivebene zufällig scharf auf dem Sensor erscheinen. Deutlich sichtbar ist der Effekt bei den Aufnahmen mit dem Schwan und am Brückengeländer. Das möchte ich bei Gelegenheit noch genauer untersuchen.
Fazit: Für Landschaft und Tageslicht ist das Objektiv nur eingeschränkt geeignet. Ich bin jedoch überzeugt, dass es in der dunklen Jahreszeit für sehr stimmungsvolle Bilder sorgen wird.


















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