Bedauerlicherweise hat man nicht immer eine fotogene Stadt wie Venedig, Budapest oder Wien zur Hand, wenn man die Kamera Gassi führen möchte – der Kenner nennt das wohl Photowalk. In schönen Städten reicht es ja oft schon, die Kamera grob vom Körper weg in Richtung Szene zu halten, abzudrücken, und schwupps, hat man ein gutes Foto. Gelegentlich muss man jedoch auch mit dem arbeiten, was man gerade zur Verfügung hat, wie zum Beispiel einer bayerischen Kleinstadt irgendwo im Outback von München, die in den 60ern und 70ern mit wenig Überlegung und noch weniger Liebe auf den Äckern rund um ein paar Kuhställe (Don’t call it Dorf) gewachsen ist.
Eine Taktik, die ich in einer solchen Situation für sinnvoll halte, ist es, die Bilder sehr selektiv zu gestalten und nur das zu zeigen, was irgendwie ansehnlich, spannend oder interessant ist. Den Rest verbirgt man geschickt. Das gelingt beispielsweise durch engere Bildausschnitte als üblich, durch offene Blende, die bewirkt, dass sich das Unansehnliche im Bokeh auflöst, oder indem man Licht und Dunkelheit zu seinem Vorteil nutzt. Am Tag kann man (zu) viel Licht dazu verwenden, um bestimmte Bildbereiche gezielt ausbrennen zu lassen, während man nachts das Ungewollte in der Dunkelheit ertränkt. Partner in crime sind die manuelle Belichtungskorrektur zusammen mit Spotmessung an der Kamera, und Masken in Lightroom, für all das, was man nicht in situ an der Kamera erledigen kann.
Genau diese Taktik habe ich neulich Abend bei einem Rundgang um den Block ausprobiert. Zu meinem Bedauern waren die Straßen weitgehend trocken (keine Reflexionen, nasser = dunkler Asphalt sieht besser aus aus trockener = heller) und es gab auch keinen Dunst in der Atmosphäre (Straßenlampen und Schilder würden schöner „leuchten“). Aber wie sagte ich schon: Man muss auch mal mit dem auskommen, was man hat. Also: Kamera schnappen, rausgehen und das Potenzial entdecken, das in jedem Winkel steckt – egal wie wenig fotogen er auf den ersten Blick erscheint.
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