Gestern habe ich zum dritten Mal versucht, eine Feuershow zu fotografieren. Feuershows sind meiner Meinung nach die schwierigste Herausforderung, der man sich als Fotograf stellen kann. Warum? Die Wahrnehmung unseres Sehapparats (also des Auges und die nachgeschaltete „Bildbearbeitung“ durch das Gehirn, die unsere Wahrnehmung maßgeblich bestimmt) könnte in der Situation nicht unterschiedlicher sein als das, was ein Kamerasensor einfängt. Was meine ich damit?
Die schnellen Bewegungen der Künstler erfordern eigentlich Verschlusszeiten wie z.B. 1/200 Sekunde (eigentlich noch kürzer), um Bewegungsunschärfe im Bild zu vermeiden. Wenn wir aber ein Foto einer Flamme sehen, das mit 1/200 Sekunde Belichtungszeit aufgenommen wurde, wirkt das für uns vollig ungewohnt und verglichen zur Wahrnehmung vor Ort völlig mickrig. Das liegt daran, das Flammen schnell sind und flackern, was wir vor Ort aber gar nicht komplett wahrnehmen können, weil unser Sehapparat vergleichsweise träge ist. Um die Flammen also spektakulär wirken zu lassen, müsste man diese länger belichten als den Tänzer, was aber natürlich nicht geht.
Kurze Verschlusszeiten und wenig Umgebungslicht bedingen außerdem astronomische ISO-Werte; quasi alle Bilder unten sind mit fünfstelligen (!) ISO-Werten entstanden, teils bis über 50.000. Diese hohen ISO-Werte reduzieren den Dynamikumfang des Kamerasensors, den man eigentlich bräuchte, um die enormen Helligkeitsunterschiede (helles Feuer vs. nahezu schwarze Umgebung) in der Postproduktion dem anzugleichen, was wir vor Ort in Persona wahrnehmen. Ach ja: der menschliche Sehapparat hat einen weitaus höheren Dynamikumfang als die besten Kamerasensoren. Daher ist es nahezu unmöglich das Licht im Bild so zu modellieren, als wäre man vor Ort.
Um das Malheur noch abzurunden: Die extremen ISO-Werte sind auch nicht gerade förderlich für Rauschfreiheit und Schärfe. Allerdings sind diese zwischenzeitlich dank moderner Sensoren und „KI“-Methoden zur Rauschreduzierung nicht mehr die gleichen Schreckgespenster wie früher. Und last not least weiß der Autofokus natürlich auch nicht mehr so recht, worauf er überhaupt scharfstellen soll, weil bei wenig Licht die Kanten der Objekte auch verschwimmen…
Also hilft in dieser Situation nur eines: spray and pray – Trommelfeuer und die Hoffnung, dass ein paar Frames halbwegs nach etwas aussehen. Von etwas über 500 Aufnahmen sind diese hier übrig geblieben:


















Einstellungen in der Kamera: Modus M, Blende komplett auf, Belichtungszeit zwischen 1/8 und 1/200 Sekunde, ISO-Automatik (mit Limit 65.000), AF-C, Metering auf den ganzen Sensor, Belichtungskorrektur typischerweise -1EV (sonst brennen die Flammen völlig aus). Falls irgendjemand bessere Einstellungen kennt, schreibe er/sie es mir gerne ins Kommentarfeld!
Ach ja, … die Feuersause findet mit wechselnden Künstlern im Dezember täglich (und das ganze zwei Mal) auf dem Tollwood in München statt. Highly recommended! Hier noch ein paar Bonus-Frames vom Festival und der Umgebung.










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