Holger's Fotos

Fotos, Reisen, Nerdkrams

Alter Opel in cremeweiß.

200 EUR f0.95 Chinaböller an Vollformat

Ich weiß nicht, wieso ich vorgestern Abend auf die hirnverbrannte Idee kam, zu recherchieren, ob es irgendwelche finanziell nicht ruinösen 35-mm-Festbrennweiten mit obszön großer Blendenöffnung und bitteschön für Vollformat gibt.

Zu meiner großen Überraschung habe ich herausgefunden, dass 7Artisans ein f/0.95 (!) produziert, das zwar für APS-C gerechnet ist, aber selbst Vollformat recht gut ausleuchtet. Für den mageren Kurs von etwa 200 EUR bekommt man natürlich auch keinen Autofokus mit Warp-Drive, sondern feinste Handkurbelei am Fokusrad. Meine Recherche ergab zudem, dass die Schärfe im Zentrum selbst bei völlig geöffneter Blende ziemlich okay sein soll, aber zu den Bildrändern enorm – excuse my French – abkackt. Auch soll das Bokeh sehr „bubbelicious“ sein. In der Welt der Altglas-Linsen nennt man so etwas wohl ein „Objektiv mit Charakter“.

Mein zwei Tage jüngeres Ich fand das offenbar ganz amüsant. Zu meiner eigenen Bestürzung habe ich mich also dabei ertappt, wie ich das Ding bestellt habe. Verblüffenderweise habe ich es auch nicht zwei Stunden später wieder abbestellt. Und so lag das gute Stück heute Nachmittag vor der Haustür. Okay – auf dem Briefkasten.

Ich bin maximal verblüfft von dem Ding. Mit den richtigen Einstellungen in der Kamera fokussiert man selbst bei f/0.95 völlig problemlos und schnell. Alle Bilder unten sind ohne Fokus-Peaking und bei f/0.95–f/2.0 entstanden. Den bei hellen Bildern durchaus wahrnehmbaren Fall-off am Rand habe ich durch manuelle Linsenkorrekturen und einen leichten Crop eliminiert. Von den 33 Megapixeln blieben so 27 übrig, von den 35 mm Brennweite irgendetwas wie 40 mm. Nicht übel. Wenn es dunkel ist und das Motiv im Zentrum liegt, fällt die starke Vignettierung und der Schärfeabfall gar nicht weiter auf. Die Linse ist damit weit nutzbarer, als ich mir das hätte vorstellen können.

Die Linse selbst ist übrigens aus Metall, verblüffend schwer und wirkt so solide, als könne man sie aus dem Flugzeug werfen und – nachdem sie einen kleinen Krater in ein Hausdach geschlagen hat – weiterverwenden. Der Fokusring läuft butterweich und mit angenehm hohem Widerstand. Der Weg, den man von Unendlich bis 30 cm drehen muss, ist recht lang, aber die „weiten Wege“ erleichtern auch das präzise Einstellen.

Keine Linse für jeden Tag – aber zum Spaßhaben.


Beitrag veröffentlicht am

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert