Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich eine Sony A7 IV gekauft. Schon damals schwankte ich zwischen zwei „Immerdrauf“-Objektiven: dem Sony FE 24-105 mm F4 G OSS und dem Sigma 24-70mm F2,8 DG DN | Art. Für das Sony sprechen die flexiblere Brennweite von 24 bis 105 mm, OSS, weniger Gewicht und der etwas günstigere Preis — wobei 100 EUR beim gesamten Kaufpreis auch schon herzlich wurscht sind… Dagegen sprechen die schlechtere Lichtstärke von f4 gegenüber f2.8.
Ich habe mich damals für das Sony entschieden. Vor allem erschien mir die größere „Reichweite“ und das geringere Gewicht sehr vorteilhaft. Den Kauf habe ich keine Sekunde bereut. Das Objektiv ist sehr scharf, das Gewicht erträglich, f4 ist lichtstark genug (vor allem, da das Rauschen bei der A7 auch ein eher kleines Problem ist), und wenn man etwas vor dem Hintergrund freistellen will, geht man halt einen Schritt mehr zurück, zoomt ein wenig mehr ein, und der Hintergrund ist „weg“.
In letzter Zeit habe ich mir aber ab und an die „was wäre wenn Frage“ gestellt… Dummerweise habe ich dann neulich abends das Sigma beim Händler meines Vertrauens sehr™ günstig™ entdeckt. Da konnte ich nicht „Nein“ sagen, und so lag das gute Stück am letzten Freitag auf meinem Tisch. Die Verarbeitungsqualität ist super, wesentlich besser als die vom Sony. Alles fühlt sich hochwertig an. Und sogar ein gepolstertes „Täschchen“ — in dem das Objektiv vermutlich den Abwurf aus einem Flugzeug überstehen würde — liegt im Karton. Schon nice.
Nach gut 100 Bildern, die ich an diesem und am letzten Wochenende mit dem Sigma gemacht habe, sind mir ein paar Dinge aufgefallen:
- Das Sigma ist ein Klopper. Gefühlt wiegt die A7 damit 500g mehr als mit dem Sony. Gemessen sind es aber nur 172g mehr – faszinierend. Ich hätte den Unterschied an der Kamera wie gesagt größer eingeschätzt. Vermutlich liegt das daran, dass das Objektiv von der Kamera „absteht“ und diese sehr kopflastig macht. Stichwort: Hebelkraft.
- Das Objektiv macht hervorragende Bilder. Allerdings bekam ich schnell das subjektive Gefühl, dass zwischen Sigma und Sony bei gleichen Einstellungen und Lichtverhältnissen keine Welten liegen. Bei dunklen Lichtverhältnissen halbiert f2.8 im Vergleich zu f4 allerdings die von der Kamera benötigte Lichtempfindlichkeit. Und das sieht man dann auch an den Bildern. Wenn der ISO-Effekt aber nicht zum Tragen kommt erschienen mir Sigma und Sony ohne direkten Vergleich gleich scharf.
- Zu meiner Überraschung und Freude fokussiert das Sigma so hervorragend präzise und schnell wie das Sony. Hier hatte ich bei anderen Sigma Objektiven in der Vergangenheit leichte Schwächen beobachtet. Beim 24 – 70 definitiv nicht.
- 70mm sind — für mich — tatsächlich etwas knapp, da ich scheinbar ein Faible für Brennweiten von 50 bis 90 mm zu haben scheine — und auch für 24mm, was erst den Kauf eines solchen Objektivs erklärt. Allerdings ist das etwas „kürzere“ Sigma auch etwas, an das man sich vermutlich schnell gewöhnt…
- Recht speziell und sehr cool am Sigma ist, dass man bei 24mm Brennweite ein Objekt scharf stellen kann, das zwei, drei Zentimeter vom Frontglas entfernt ist. Zusammen mit f2.8 kann man nett spielen und interessante Effekte erzielen.
Ich habe heute Morgen zusätzlich einige direkte Vergleichsbilder mit beiden Objektiven gemacht: also gleiche „Dinge“ mit 24mm bei f4 und f8 bzw. mit 70mm bei f4 und f8 mit beiden Objektiven aufgenommen. Im direkten Vergleich sieht man sofort, dass das Sigma ein klein wenig wärmer ist als das Sony. Das gefällt mir eigentlich, aber selbstverständlich kann man das auch in Lightroom nachbauen.
Was ich allerdings nicht sehen konnte: Irgendeinen Vorteil in Punkto Bildschärfe. Vielleicht kann man einen solchen unter Laborbedingungen sichtbar machen, nicht aber mit meiner ich-nehme-von-Hand-ähnliche-Bilder-auf-und-vergleiche-diese-Methode. Über den direkten Vergleich bin ich tatsächlich überrascht, und ich bin gerade nicht 100% sicher, was ich mit diesen Informationen machen soll. Zurückschicken kann ich das Sigma noch bis nächsten Freitag, aber ich habe das Gefühl, dass ich damit noch nicht ganz „fertig“ bin… Mal sehen.
Edit 11.12.: Ich habe mich dazu entschieden das Sigma zurück zu geben. Die gewichtigen Nachteile (pun intended) werden von den Vorteilen einfach nicht aufgewogen (pun abermals intended). Abgesehen von Sonderfällen glaube ich daher auch nicht, dass ich das Objektiv viel nutzen würde zumal ich auch lichtstarke Festbrennweiten im Schrank liegen habe die sich auf nächtliche Einsätze freuen.
Soweit die Theorie… Das Sigma ist geblieben und erfreut sich aktuell großer Beliebtheit… Schätzungsweise werde ich das 24-105 in nicht allzuferner Zukunft verkaufen…
Update 21.5.24: Das Sigma ist zwischenzeilich mit „Immerdrauf“ geworden. Alles was ich oben beschrieben habe ist weiterhin gültig. Ein Punkt fiel mir aber erst nach und nach auf: Das Sigma produziert Bilder, die aus irgendwelchen Gründen für mich realer und ästhetischer aussehen als das Sony. Es wirkt irgendwie „wärmer“ und weniger technisch als das Sony. Hört sich blöd an, ich weiß, beschreibt aber in Text was ich sehr subjektiv wahrnehme…
Abschließend einige Testbilder, alle mit dem Sigma gemacht.
Schreibe einen Kommentar